Wenn dir 30 Millionen Menschen bei der Arbeit zuschauen
Am 10. Juli ist es so weit: Das EM-Finale geht in Frankreich über die Bühne, Millionen von Fans schauen zu. In diesen Tagen erinnert sich das Team von Kongresskultur Bregenz an die Fußball-Europameisterschaft 2008 zurück, als Seebühne und Festspielhaus zur Public-Viewing-Arena und Sendezentrale des ZDF wurden.
Eine Bühne mit dem Ambiente und den technischen Möglichkeiten der großen Oper. Dazu der tägliche Luxus malerischer Sonnenuntergänge am Bodensee. All das im geografischen Schwerpunkt der beiden Austragungsländer Schweiz und Österreich sowie der Fußballnation Deutschland gelegen. Selten war ein Ort idealer für eine Veranstaltung geeignet als die Seebühne der Bregenzer Festspiele für die ZDF-Übertragungen der Fußball-Europameisterschaft 2008.
Von Anfang an war klar, dass es hier um etwas ganz Großes gehen würde. Philipp Köppl, Leiter des technischen Betriebsbüros, erinnert sich an eine Sitzung in Mainz, die im Vorfeld des Ereignisses nur zur Klärung von rechtlichen Fragen die UEFA betreffend abgehalten wurde. In einem riesigen Sitzungsraum waren in U-Form nicht weniger als 40 Stühle aufgestellt.
„Was den technischen Aufwand anging, war diese Veranstaltung natürlich das Größte, was wir bis dahin erlebt hatten“, sagt Köppl. Im Festspielhaus habe sich immerhin jene Schaltzentrale befunden, von der aus während des Zeitraums der EM der reibungslose Betrieb des gesamten Senders gewährleistet werden musste. Zu diesem Zweck transferierte das ZDF einen großen Teil seines Equipments von Mainz nach Bregenz. Kabel mit einer Gesamtlänge von 600 Kilometern wurden verlegt, tägliche Besprechungen mit dutzenden von Experten waren notwendig, das gesamte Festspielhaus, innen wie außen, wurde für die Zwecke des Fußballs und des Fernsehens umgewidmet. Torwände und umzäunte Fußballplätze prägten den Platz der Wiener Symphoniker, überall begegnete man den Konterfeis der berühmten Mainzelmännchen, auf der Werkstattbühne fand eine permanente Ausstellung mit dem Titel „Das Wunder von Bregenz“ statt und die Bühnenplattform bekam jenes Aussehen, das zumindest für das Publikum des ZDF und die Besucher der Festspieltribüne für immer die Erinnerungen an diese Europameisterschaft prägen würde.
Laut Köppl wurde die ZDF-Arena intern scherzhaft als „der Pudding“ bezeichnet. Der glänzende hellblaue Belag, der auf der Plattform verlegt worden war, um den Kameras sanfte Fahrten zu ermöglichen, trug zu diesem Eindruck sicher bei. Auch sonst wurde die Bühne dem Anlass entsprechend angepasst. Vor allem die Iris des Tosca-Auges wechselte ihre Farbe von Blau auf ZDF-Orange.
Aber es gab nicht nur die technischen und baulichen Aspekte zu bedenken, auch in Sicherheitsfragen galten besondere Gesetze, nämlich die von Sport-Ereignissen. Spezielle Evakuierungspläne mussten ausgearbeitet werden, und als Securities waren Spezialisten aus Berlin mit einschlägigen Erfahrungen im Umgang mit Fußballfans engagiert. Philipp Köppl erzählt, es habe schon genügt, wenn sich diese großen Kerle in den Zwischengängen aufgebaut und ein paar mürrische Blicke in die Reihen geworfen hätten, und sofort sei es ruhig gewesen.
Köppl ist überzeugt davon, dass Kongresskultur Bregenz an den Herausforderungen des Jahres 2008 gewachsen und gereift ist. Seither traue man sich die Umsetzung von Veranstaltungen jeder Größenordnung zu. Die sehr positiven Reaktionen der Verantwortlichen des ZDF berechtigen zu diesem Selbstbewusstsein. Auch Moderator Johannes B. Kerner, der mit seiner Familie vier Wochen an den Bodensee umgezogen war, sprach Kongresskultur Bregenz und dem Festspielhaus anschließend seinen ausdrücklichen Dank aus. „Es war eine intensive Zeit“, sagt Philipp Köppl und erinnert sich an den Moment, als es nach den ZDF-Fernsehnachrichten plötzlich geheißen habe: Wir schalten zurück nach Bregenz. „In diesem Augenblick wussten wir: Jetzt schauen uns Millionen von Menschen live bei der Arbeit zu.“
Philipp Köppl
Seit 1990 bei Kongresskultur Bregenz. Er ist Leiter des technischen Betriebsbüros und darüber hinaus Projektleiter für Rock-, Pop- und Schlagerveranstaltungen im Seebühnenbereich.